Aufgliederung der Deutschen Studentenschaft 1921
Entsprechend diesen Zielen trat der DHR für eine uneingeschränkt „großdeutsche“ und rassistische Lösung der DSt-Verfassung ein und machte einen solchen Vorstoß auf dem Studententag 1921, der vom 30. Juni bis zum 4. Juli in Erlangen stattfand. Dort kam es hierüber zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen den Hochschulring-Vertretern und denjenigen, die für eine staatsbürgerliche Lösung der Mitgliedschaft eintraten. Nur durch einen Kompromiss, der zur Aufgliederung der Deutschen Studentenschaft führte, konnte eine Einigung erzielt werden, und so endete der Studententag mit dem Ergebnis dreier nun parallel existierender Studentenschaften: einer Reichsdeutschen Studentenschaft (mit Danzig und der dortigen Technischen Hochschule) auf staatsbürgerlicher Grundlage sowie einer Deutschen Studentenschaft „Deutsch-Österreichs“ und einer der Sudetenländer, deren Aufnahmekriterien auf dem „rassischen Prinzip“ basierten.
Diese Aufgliederung wurde mit Erfolg angefochten. Der Spruchhof der Reichsdeutschen Studentenschaft, eine Justizinstanz unter dem Erlanger Professor für Bürgerliches Recht und Zivilprozessrecht Friedrich Lent (1882-1960; ein damaliges Mitglied der DVP, ab 1929 in der DNVP, stimmte er als Reichstagsabgeordneter dem Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933 zu) erklärte im Dezember 1921 die Verfassung für ungültig. So kam es zu einer Göttinger Notverfassung vom 18. Januar 1922, die eine Aufgabenteilung zwischen DHR und DSt vorsah. Sie beschränkte die Aufgaben der DSt auf „rein hochschulbürgerliche Angelegenheiten“ und überließ dem DHR „vaterländische, soziale und Kulturfragen“.
Die Aufspaltung aber war absehbar ein Provisorium, und die republikanische, sozialistische und kommunistische Minderheit unter den Studenten hatte nun eine reelle Chance, wieder mehr Einfluss innerhalb der DSt zu gewinnen. Ihr republikanischer und sozialistischer Teil schloss sich im März 1922 zum locker organisierten Deutschen Studentenbund (vorher: Deutscher Hochschulbund) zusammen und berief zum Mai 1922 einen zweiten außerordentlichen Studententag in Honnef ein. Vom Hochschulring boykottiert, vertrat dieser Studententag weniger als 50% der Stimmen und nahm Ende Mai 1922 die sogenannte Rheinische Verfassung an, die allerdings lediglich an die Erlanger Aufgliederung der Deutschen Studentenschaft angelehnt war. Der DHR organisierte daraufhin einen Gegen-Studententag in Marburg. Als dann aber Walther Rathenau am 24. Juni 1922 in Berlin ermordet und bekannt wurde, dass militärisch ausgebildete rechte Studenten an der Tat beteiligt waren, verbot das Land Preußen (zu dem die Stadt Marburg damals gehörte) diesen DHR-Studententag. Die bayrische Landesregierung und ihr Kultusminister Franz Matt (1860-1929; BVP) hingegen erlaubte die Durchführung des vom DHR dominierten Gegen-Studententag in Würzburg.