» Die ›Deutsche Studentenschaft‹ Anfang der 1930er Jahre

Die Krise der NSDAP im Herbst 1932

Vor allem in der zweiten Jahreshälfte 1932 nahm die Zustimmungsbereitschaft zu den Nazi-Hochschulgruppen des NSDStB bei den AStA-Wahlen merklich ab. Dies lag zum Teil daran, dass die per Notverordnungen dekretierende Papen-Regierung der Krise nun verstärkt mit einer staatlich subventionierten Aufrüstungspolitik und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen begegnete. Es war ein Kurs, den auch die NSDAP verfolgte, wodurch ihr ein wichtiger Angriffspunkt verloren ging. Denn die Nazis strebten die ›Beendigung‹ der Krise durch möglichst rasche Aufrüstung, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und Autobahnbau – mit dem Ziel, kriegerische Eroberungen möglich zu machen – bei gleichzeitiger Auflösung der Gewerkschaften an. Andererseits hing der sinkende Rückhalt des NSDStB mit einem politischen Kurswechsel der SPD zusammen. Auf Initiative des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbunds (ADGB) und seines Anfang Juli 1932 veröffentlichen Programms „Umbau der Wirtschaft“ sowie eines Teils der Gewerkschaften stellte die sozialdemokratische Partei den Kurs ihrer Politik im Sommer 1932 um. Sie forderte nun – ähnlich wie noch kurz nach dem Ersten Weltkrieg – die Vergesellschaftung von Banken und rüstungsrelevanter Schlüsselindustrien in Verbindung mit staatlich finanzierten Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, um der Krise mit einem sozialistischen Kurs zu begegnen.
Hinzu kam zu den häufiger werdenden politischen Morden der Rechten im August 1932 der Mord an Konrad Pietrzuch (1897-1932), einem Gewerkschaftler, der in seiner Wohnung im oberschlesischen Potempa von fünf SA-Männern zu Tode geprügelt worden war, woraufhin die SA-Männer auf der Grundlage einer Notverordnung am 22. August 1932 mit einer Todesstrafe verurteilt wurden, die Hindenburg kurz darauf in eine Haftstrafe umwandelte, die letztlich im März 1933 aufgehoben wurde.

Die Kombination der beiden politischen Richtungsänderungen sowohl der Papen-Regierung als auch der SPD brachte die NSDAP in eine Krise, die sich bei den Reichstagswahlen im November 1932 zeigte, als die NSDAP zwei Millionen Stimmen verlor. Sie blieb, was sie im Juli 1932 geworden war, zwar weiterhin stärkste Partei, doch auch während der Kommunalwahlen in Sachsen am 13. November 1932 musste sie deutliche Verluste hinnehmen. Bei den Wahlen zur Lübecker Bürgerschaft am gleichen Tag wurde die SPD stärkste Partei vor der NSDAP, und auch bei den Thüringer Kommunalwahlen am 4. Dezember verlor die NSDAP erneut, mehr als ein Drittel ihrer Stimmen.

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