» Die ›Deutsche Studentenschaft‹ Anfang der 1930er Jahre

Stimmenverluste des NSDStB im Wintersemester 1932/33

Die Krise der NSDAP wirkte sich, wenn auch nicht im gleichen Maße wie in der gesamten Weimarer Republik, auf die AStA-Wahlen aus, bei denen der NSDStB im Wintersemester 1932/33 deutliche Verluste einfuhr. Er verlor dabei nicht nur Stimmen an die linken Hochschulgruppen, die aufgrund des Kurswechsels der SPD mehr Zulauf erhielten. Gegen die Politik des DSt-Vorsitzenden Gerhard Krüger (1908-1994), alle Studenten zum Arbeitsdienst und zum studentischen Wehrsport in der SA zu verpflichten, hatte sich eine Hochschulpolitische Arbeitsgemeinschaft studentischer Verbände (Hopoag) unter dem Vorsitz Fritz Hilgenstocks (1898-1961) gebildet, der 1922-1923 DSt-Vorsitzender gewesen war. Neben den SPD-nahen sozialistischen Studentengruppen und den kommunistischen Studentengruppen der KPD erzielte die Hopoag Erfolge bei den Wahlen zu den Allgemeinen Studentenausschüssen. Ebenso traf dies auf den 1929 zustande gekommenen Zusammenschluss linksrevolutionärer Studentengruppen zu, den Reichsverband Freisozialistischer Studenten (RSG). Die RSG-Gruppen hatten, neben den kommunistischen und sozialistischen Studentengruppen, eine rege Tätigkeit entwickelt und organisierten Veranstaltungen, welche neben der sozialen Situation der Studenten in der Wirtschaftskrise auch allgemeineren Themen gewidmet waren. So lud die RSG-Gruppe Frankfurt am Main etwa zu den Themen „Probleme der europäischen Arbeiterbewegung“ und „Krise der bürgerlichen Wissenschaft“ ein. Die Berliner RSG hatte 1930 eine „Matinee gegen die Kulturreaktion“ organisiert, an der auch Schriftsteller wie Bertolt Brecht (1898-1956), Erich Weinert (1890-1953) und Egon Erwin Kisch (1885-1948) mitwirkten und über 1200 Personen teilnahmen.

Der Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund dominierte dennoch auch im Wintersemester 1932/33 die Allgemeinen Studentenausschüsse. Aber die Zustimmungsbereitschaft unter den rechten Studenten nahm ab für eine Politik, welche die Korporationshäuser in Kameradschaftshäuser umwandeln und die ohnehin militaristische Tradition der Burschenschaften enger an die NSDAP-Militärorganisationen im Sinne der Vorbereitung einer faschistischen Diktatur anbinden wollte. So errang die Hopoag im Wintersemester 1932/33 einige Erfolge mit einem Wahlprogramm, das sich sowohl gegen das in der DSt 1931 durchgesetzte Führerprinzip als auch gegen das Modell des studentischen Wehrsports in der SA und die Einführung eines studentischen Arbeitsdienstes aussprach. Damit erreichte sie vor allem diejenigen korporierten Studenten, die den offenen Terror der SA ablehnten, wie er sich im Mord an Konrad Pietrzuch im August gezeigt hatte. Die übrigen ideologischen Differenzen zwischen NSDStB und Hopoag waren überschaubar. Auch die Arbeitsgemeinschaft stand politisch weit rechts, die in ihr organisierten Burschenschaften fürchteten vor allem um ihre Eigenständigkeit.

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