Der wohl berühmteste Dramatiker, Publizist und Aktivist der Weimarer Republik wurde in eine jüdische Familie in der preußischen Provinz Samotschin (Posen) geboren. In München studierte Toller Philosophie und Jura und war bereits als junger Mann politisch und publizistisch tätig. Wie so viele Kriegsbegeisterte meldete er sich freiwillig für den Fronteinsatz im Ersten Weltkrieg, aus dem er physisch versehrt, höchst traumatisiert und als überzeugter Pazifist zurückkehrte.
Diese Erfahrung und das Scheitern der Münchner Räterepublik, für die er sich als führender Kopf neben bspw. Gustav Landauer einsetzte, prägten Toller in seinem literarischen Schaffen und politischen Denken. Für seine Teilnahme an der Räterepublik wurde er zu fünf Jahren Festungshaft verurteilt. Während dieser Zeit schrieb Toller sein erstes Stück „Die Wandlung“ (1917), das 1919 mit großem Erfolg uraufgeführt wurde. Er wurde zu einem der wichtigsten Bühnenautoren der Weimarer Republik, schrieb für die „Weltbühne“ und engagierte sich neben vielen anderen Aktivitäten in der „Liga für Menschenrechte“.
Ab 1924, nach seiner Entlassung, unternahm er etliche Reisen zu Vortragszwecken, bspw. in den Nahen Osten, nach Nordafrika, Amerika, Mexiko oder Russland. Er hielt unzählige Reden gegen die Willkür, Unterdrückung und Gefahr durch die Nationalsozialisten. Als sie an die Macht kamen, befand sich Toller in der Schweiz und blieb dort, denn er stand bereits auf der ersten Ausbürgerungsliste, als „Volksverräter“ diffamiert. Aus dem Exil heraus kämpfte er weiter, auf allen Bühnen, die sich ihm boten. Im Oktober 1936 erreichte er gemeinsam mit seiner Frau Christiane Grantoff den Hafen von New York, dort setzte er sich aktiv in der „American Guild for German Cultural Freedom“ für die Aufnahme und Arbeitsbewilligung seiner KollegInnen ein, die aus Deutschland flohen. Als Toller 1938 Spanien bereiste, versuchte er mit einer großen Hilfsaktion den Betroffenen des Spanischen Bürgerkrieges zu helfen, vergeblich. Verzweiflung und schwere Depressionen trugen dazu bei, dass sich Toller am 22. Mai 1939, wenige Monate vor Beginn des Zweiten Weltkrieges, erhängte.
Lion Feuchtwanger verabschiedete sich in der „Neuen Weltbühne“ mit den folgenden Worten von seinem Freund: „Wie überströmend von Leben war dieser Ernst Toller. Wenn man eine Stunde mit ihm zusammen war, wie viele Entwürfe schüttete er vor einen hin, wie viele Pläne von Stücken, Geschichten, Essays. Wie viele Hilfsaktionen wollte er unternehmen, für Einzelne, für Gruppen, für Völker. Und mit welchem Feuer machte er sich an alle diese Unternehmen, und mit welchem Elan führte er sie alle durch. […] Mein Freund Ernst Toller hatte zu viel Herz für die anderen, um an sein eigenes Werk zu denken. Wenn einer, dann war er eine Kerze, die, an beiden Enden entzündet, verbrannte.“ (zit. in: Piper, Ernst: Ein deutscher Patriot in finsteren Zeiten. In: Toller, Ernst: Eine Jugend in Deutschland. Berlin 2024, S. 316-338, hier S. 334).
Literatur: Kilcher, Andreas (Hrsg.): Deutsch-jüdische Literatur. 120 Porträts. Stuttgart 2006; Piper, Ernst: Ein deutscher Patriot in finsteren Zeiten. In: Toller, Ernst: Eine Jugend in Deutschland. Berlin 2024, S. 316-338
Text: Katrin Huhn