Maria Leitner

Geboren:
19.01.1892
Gestorben:
14.03.1942

Die „rasende Reporterin für eine bessere Welt“, Journalistin und Schriftstellerin Maria Leitner, die zu den fast vergessenen AutorInnen der Weimarer Republik gehört, wurde 1892 im österreich-ungarischen Varaždin (heute: Kroatien) in eine jüdische Kaufmannsfamilie geboren und wuchs in Budapest auf. Zu Hause sprach man Deutsch. Früh begeisterte sich Leitner für die Ziele und Aktivitäten der Frauenbewegung, in ihren Romanen und journalistischen Texten standen Frauen im Mittelpunkt. Während des Ersten Weltkriegs schloss sie sich einer antimilitaristischen Jugendbewegung an.

Nach dem Scheitern der kurzzeitigen sozialistischen Räterepublik Ungarns im August 1919, deren Ideen sie vertrat, musste Leitner als Jüdin und überzeugte Kommunistin das Land zur Sicherheit vor den Folgen der Konterrevolution verlassen und floh über Wien nach Berlin. Dort arbeitete sie als Übersetzerin für den Verlag der kommunistischen Jugendinternationale. In den folgenden Jahren gab sie eine Sammlung tibetanischer Märchen heraus und übersetzte Jack Londons „The Iron Heel“. Daneben schrieb sie unzählige Artikel und sozialkritische Reportagen über ihre Reise- und Arbeitsaufenthalte in Nord-, Mittel- und Südamerika. 1925 schloss Leitner einen Vertrag mit dem Magazin „UHU“ des Ullstein Verlages ab, der sie auf eigene Faust drei Jahre lang durch die USA reisen ließ, um im „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ über die verschiedensten Arbeitsmöglichkeiten und -umstände zu berichten. Leitner übernahm als Sozialreporterin inkognito ca. 80 verschiedene unterbezahlte Jobs. Diese Erfahrungen verarbeitete sie in ihrem ersten Roman „Hotel Amerika“, der 1930 erschien.

Nachdem die Nationalsozialisten an die Macht kamen, musste Leitner über Wien und Prag nach Paris flüchten. Sie sah es als ihre dringendste Aufgabe an, aus Nazi-Deutschland zu berichten und reiste in den Jahren 1934/1935 mehrere Male mit einem österreichischen Pass ins Land ein, um die Verhältnisse vor Ort zu dokumentieren. Daraus entstand ihr 1937 veröffentlichter Roman „Elisabeth, ein Hitlermädchen“, der in Fortsetzungen in einer Pariser Tageszeitung erschien und ein beklemmendes Zeugnis für die verheerenden kulturellen und gesellschaftlichen Veränderungen in Deutschland darstellt. In ihrem Exil, Paris, arbeitete sie als Hausangestellte, um sich über Wasser zu halten, nachts schrieb sie ihre journalistischen Texte.

Leitner gehörte selbstverständlich zur engagierten exilierten Literaturszene, sie war Mitglied im „Schutzverband deutscher Schriftsteller im Ausland“ und versuchte Ende der 1930er Jahre ein Arbeitsstipendium von der „American Guild for German Cultural Freedom“ in New York zu erlangen, unterstützt wurde sie u.a. von Anna Seghers. Für ihren Antrag gab sie folgende Selbstauskunft ab: „Ich habe immer gegen die Ungerechtigkeit gekämpft und gegen die Nazis, die ich als Gefahr für den Weltfrieden betrachte. Aber ich war niemals Mitglied einer politischen Partei. Lassen Sie mich nicht zugrunde gehen!!! Ich bin gesund und munter, aber wie lange noch? Das ist die Frage.“ (zitiert in: Prager, Katharina: Nachwort. In: Leitner, Maria: Hotel Amerika. Stuttgart 2024, S. 225-250, hier S. 230). 1941 erhielt Leitner die Nachricht, dass ihr Antrag abgelehnt wurde, sie bekam kein Ausreisevisum. Es folgten Monate der Verzweiflung, größter Not und Krankheit. Im Frühjahr 1942 starb sie an den Folgen ihrer verheerenden Lebensumstände in einer Psychiatrie in Marseille.

Literatur: Prager, Katharina: Nachwort. In: Leitner, Maria: Hotel Amerika. Stuttgart 2024, S. 225-250; Notz, Gisela (Hrsg.): Wegbereiterinnen. Berühmte, bekannte und zu Unrecht vergessene Frauen aus der Geschichte. Neu-Ulm 2019, S. 233

Text: Katrin Huhn

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